Donnerstag, 23. April 2020

Residenzschloss Urach, Bad Urach | Allgemeines Beziehungsreiche Symbolik im Schloss: Die Bedeutung der Palmen im Palmensaal

In Bad Urach ließ Graf Eberhard V.- der unter dem Beinamen „im Bart“ berühmt wurde – einen ganzen Saal mit Palmen ausmalen. Wie kam es dazu? Was bewog den württembergischen Herrscher, sein Schloss mit einer so exotischen Pflanze zu schmücken? Die Suche nach der Herkunft des Symbols führt nach Italien und in den Nahen Osten.

DIE PALME ALS PERSÖNLICHES ZEICHEN DES HERRSCHERS

Der junge Herrscher von Württemberg, Graf Eberhard V., zog 1468 als Pilger ins Heilige Land, nach Jerusalem. Eine solche Reise war im 15. Jahrhundert lang, gefährlich und so eindrucksvoll, dass sie zum prägenden Erlebnis für den Reisenden wurde. Als mutiger Fernreisender wählte Graf Eberhard den lateinischen Ausruf „Attempto“ – „ich wag‘s“ zu seiner Devise – und dazu eine Palme als Zeichen. Und er soll gelobt haben, sich von nun an nicht mehr den Bart abzunehmen: Daher sein populärer Name Eberhard im Bart. Das „Ich wag’s“ war eine erfolgreiche Devise. Dem jungen Herrscher aus Süddeutschland gelang es, Barbara Gonzaga zu heiraten, die Tochter des reichen Markgrafen von Mantua. Und 1495 erhob der Kaiser das kleine Württemberg zum Herzogtum.

 

KÖNIGIN DER OASE - ZEICHEN DER MÄRTYRER

Die Palme ist ein uraltes Symbol – und eines mit vielen und aussschließlich positiven Bedeutungen. Für Araber ist sie Symbol des Lebens und die „Königin der Oase“ – nicht ohne Grund: Palmen werden bis zu 25 Meter hoch, bis zu 300 Jahre alt und trotzen jedem Sturm. Auch der „Baum des Lebens“ im Paradies, von dem im Alten Testament der Bibel die Rede ist, wird seit dem frühen Christentum häufig als Palme dargestellt. Seit der Antike gelten Palmzweige als Symbol für Frieden, Freude und vor allem für den Sieg. Kein Wunder also, dass in der biblischen Erzählung von Einzug Jesu in Jerusalem die Menschen dem Messias mit Palmzweigen huldigten. Da die Blätter der Palme immergrün sind, gelten sie auch als Sinnbild für Auferstehung und ewiges Leben: Christliche Märtyrer werden daher oft mit einem Palmzweig dargestellt. Der württembergische Herrscher hatte also, als er die Palme zu seinem Zeichen wählte, eine reiche Auswahl aus Deutungen, vom antiken Sieger bis hin zu den biblischen Bezügen zum Sieg des Glaubens. Und er hatte die Palmen selbst gesehen – das zeichnete ihn sicher vor den meisten Württembergern aus.

 

DER PALMENSAAL IN SCHLOSS URACH

Warum der Palmensaal im Residenzschloss Urach seinen Namen trägt, sieht man auf den ersten Blick. Der große Empfangssaal im ersten Obergeschoss erstreckt sich über das gesamte Geschoss und war der wichtigste Festsaal des Residenzschlosses. Graf Eberhard V.  ließ ihn anlässlich der Hochzeit mit Barbara Gonzaga, Tochter des reichen und kultivierten Markgrafen Ludovico II. Gonzaga von Mantua, ausmalen. Das anspruchsvolle Bildprogramm zeigt unter anderem die wandhohe Palmen, dazu die Lebensdevise des Grafen, das lateinische „Attempto“. Vor den großen Palmenbäumen befinden sich acht gemalte Schilde mit den Wappen der Urgroßväter und Urgroßmütter Eberhards V., die von der hohen Abstammung des Grafen zeugen. Ganz eindeutig: Eberhard wollte mit der Dekoration seines Festsaals die neue Verwandtschaft beeindrucken.

 

JAGDSAAL UND HERZOGLICHES APPARTEMENT

Im 16. Jahrhundert wurde der Saal zum Jagdsaal umgewandelt. Davon zeugen verschiedene Inschriften, die sich auf herzogliche Jagden beziehen. Zu den Wandmalereien aus der Zeit des Grafen Eberhard III. kamen weitere hinzu: So sind in einer Fensternische das Wappen des Herzogs Ulrich von Württemberg und an einem anderen Fenster dekorative Malereien aus dem Jahr 1611 zu sehen. Im 18. Jahrhundert, zur Zeit von Herzog Carl Eugen von Württemberg, wurde der Palmensaal zum fürstlichen Appartement mit Gardesaal umgebaut. Diese Veränderung wurde mit den Sanierungsarbeiten der 1960er-Jahre wieder entfernt.

 

Service und Information
Aktuell ist das Residenzschloss Urach wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ebenso wie alle Kultureinrichtungen geschlossen.

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